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Islands
Westfjorde:
Paddeln in Foxi's Paradies
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Text:
Siglinde Fischer
Fotos: Walter Steinberg
Unsere
Island Film- und Foto Dokumentation auf DVD und Blue-ray gibt es
im Shop
Súdavík,
Ende Mai. Wir lassen unsere Faltboote zu Wasser, ziehen Richtung
Osten, dann zur Eiderenteninsel Vigur und queren an das Nordufer
des Ísafjarðardjúp. Eine Bergwand mit Schnee bis
in die Niederungen und zahllosen herabstürzenden Bächen
erwartet uns dort. Der Blick zurück auf die bewohnte Südwestküste
des Fjords erinnert uns an Spitzbergen, obwohl wir noch nie dort
waren: Plattes verschneites Berghochland, regelmäßig
von in den Fjord mündenden Tälern eingekerbt. Es sieht
aus, als wäre jemand mit einem gewaltigen Hobel über die
Bergspitzen gegangen und hätte sie alle egalisiert.
Acht
Tage am Stück haben wir perfektes Paddelwetter: Sonne und nahezu
Windstille. Dramatische Steilküsten und Felsentore aus Basalt
wechseln mit lieblichen Kiesstränden, hinter denen buckliges,
von Angelika durchsetztes Grasland und schließlich schneebedeckte
Bergrücken sich anschließen. Auch die vielen Wünsche
für spannende Fuchs-Begegnungen* auf Island werden während
unserer 15tägigen Paddelei in den Westfjorden schnell wahr:
Die letzten Bauernhöfe in dieser kargen Region wurden vor vierzig
und mehr Jahren aufgegeben und weite Teile der Nordwestfjorde gehören
zu einem Nationalpark, wo die Jagd auf Polarfüchse verboten
ist. Nur hier konnten wir regelmäßig Islands einziges
einheimisches Landsäugetier beobachten: Noch halb im Winterpelz,
traben die Tiere bei Ebbe durch den Blasentang, um dort nach Freßbarem
zu suchen. Oder sie liegen zusammengeringelt in der Tundra oder
zwischen Felsen und halten ein Nickerchen. An die zwanzig Polarfuchs-Sichtungen
haben wir allein in einer Woche! Dafür steht's fast überall
sonst auf Island schlecht um die Pelztiere: Seit je her werden sie
von Farmern verfolgt, weil sie sich an Schafe heranmachen sollen
- was mir bis heute rätselhaft erscheint.
Im
Jökulfirðir, dem nördlichsten Abschnitt der Westfjorde,
tummeln sich außerdem Seehunde und jede Menge Geflügel:
Odinshühnchen schwirren in Ufernähe auf dem Wasser herum.
Eissturmvögel umrunden uns. Immer wieder gleiten sie im Tiefflug
über das Meer auf uns zu, um kurz vor einem Zusammenstoß
elegant auszuweichen. Selbst die seltenen Seeadler können wir
beobachten. Singschwan-Paare ziehen rufend über unseren Köpfen
hinweg.
Unser Lager schlagen wir immer in der Nähe der Bäche auf,
die auch damals den Bauernhöfen als Süßwasserquelle
dienten. Breite graue Kiesstreifen säumen diese Buchten oft,
und ein Fleckchen ebenes Gras für's Zelt gibt es auch. Scherben
in den Bächen und winzige verfallene Friedhöfe, einzelne
Gräber, erzählen jahrhundertealte Geschichten der Menschen,
die hier einst lebten. Wenn auch von den Behausungen nur noch ein
paar grobe Steine, etwas Beton, ein paar Quadratmeter ebenes Gras
oder ein überwucherter Wall übrig ist, so behauptet sich
mancherorts auch noch nach Jahrzehnten der Rhabarber - ganz wie
in Alaska. Mancherorts, beispielsweise in Grunnarvík, stehen
mittlerweile neben den Ruinen wieder bewohnbare Häuschen -
Sommerhäuser der Nachfahren.
Am
neunten Tag der Tour schlägt das Wetter um: Wind und Wolken
jagen aus Nord/Nordost heran, später auch Regen. Es will kein
Ende nehmen. Wir sitzen am Eingang des Lonafjörður fest.
Drei Tage lang, und mit langen Blicken hinaus aufs offene Wasser
im Jökulfirðir, das reichlich weiße Schaumkronen
zieren. Wir müssen diesen Fjord queren, um nach Súdavík
zurückzukommen.
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