Prince William Sound II [Seite 1 von 2] [weiter][zurück]
Text:
Siglinde Fischer
Fotos: Walter Steinberg
Allgemeines
. zum Prince William Sound steht hier
bei unserem ersten Bericht. Eine Detailkarte
gibt es aber trotzdem noch einmal. Insgesamt waren wir auf dieser
Tour acht Tage und 135 Paddelkilometer unterwegs.
Tourenverlauf
Wir sind auf alles gefasst: Null Strömung, null Sonne, nicht
endenwollender Nieselregen, umrahmt von einer grandiosen Kulisse
aus Fels und Eis, Wasser und Wald - als Entschädigung sozusagen.
Denn das ist das Standard-Ambiente des Prince William Sound -
kurz "PWS" - im Süden Alaskas, auch im Hochsommer.
Doch mit bestem T-Shirt-Wetter begrüßt uns Whittier,
ein kleines Hafenstädtchen und Startpunkt unserer Tour. Und
es soll die nächsten vier Tage so bleiben, sagt der Wetterbericht.
Ich bin zum ersten Mal hier und stelle Walters Erzählungen
vom ewig schlechten PWS-Wetter ein wenig in Frage.
Wir
starten, suchen mit unseren Faltbooten einen Weg durch das Spalier
von Freizeityachten und Fischerbooten und ziehen hinaus in den
Passage Canal. In den nächsten Tagen wollen wir erst die
eisige Blackstone und anschließend die grüne Cochrane
Bay befahren. Am ersten Abend lagern wir am "Decision Point".
Im Norden ragen die Chugach Mountains eisbedeckt über 4000
m hoch auf, zu ihren Füßen türkisblaues Meer.
Rhythmisch brechen sich Wellen sanft am dunkelgrauen Kiesufer.
Morgens
beim Frühstück leistet uns eine Maus Gesellschaft, die
in Walters leerer Müslischale nach Resten sucht. Bald nehmen
wir Kurs West in die Blackstone Bay. Vorbei geht es an dunkelgrauen
Felsufern und üppigen, steil aufsteigenden Nadelwäldern,
in denen Bergbäche zu Tal stürzen. Bei strahlendem Sonnenschein
bin ich auf "meinen" ersten Gletscher gespannt, der
am Ende der Bucht wartet. Dann endlich einzelne Treibeisbrocken,
hand- bis eimergroß. Endlich erblicken wir die Front des
Beloit-Gletschers, und das Treibeis hat sich zu Feldern zusammengeschlossen.
"Palimm-palimm" läutet es zart durch unzählige
Mini-Kollisionen beim Hindurchfahren. Noch sind wir etwa 400 Meter
von der Eiskante entfernt. Blau, weiß und grau ragt sie
vor uns auf. Ihre Höhe können wir schwer schätzen:
20 Meter? 30, oder gar 40? Ein eisiger Hauch weht uns entgegen;
manche Treibeisblöcke sind nun so groß wie Autos. Dann
ein Donnergrollen: Mit Geächze schiebt sich der uralte Eisstrom
langsam dem Meer entgegen. Stundenlang ziehen wir, fasziniert
von dem kalten Schauspiel, in sicherer Entfernung vor der eisigen
Skyline unsere Bahnen.
Am
nächsten - sonnigen! - Tag starten wir zum größeren
Blackstone Gletscher. Wieder Gegenwind, als wir uns der Eiswand
nähern. Wieder dieses Grollen im Eis, vereinzelt rieseln
Klumpen herab. Gebannt starren wir auf die Eiswand; noch sind
wir etwa 200 m von ihr entfernt. Urplötzlich stürzt
ein haushohes Stück Gletschereis donnernd ins Meer. Sekunden
später verrät nur eine wirbelnde Eisstaubwolke, wo der
Gletscher eben kalbte. Unsere Faltboote schaukeln sachte auf der
breiten Woge, die unter uns durchläuft. Gegen Nachmittag
verabschieden wir uns von der frostigen Faszination.
Stunden
später erreichen wir wieder den Eingang der Bucht. Nun führt
unser Kurs nach Süden in die Cochrane Bay, eine Bucht mit
tropisch anmutender Vegetation. Unterwegs versuchen wir unser
Anglerglück: Dazu haben wir Miesmuscheln gesammelt, fummeln
das glibbrige Fleisch aus den Schalen und auf die Haken. Vor markanten
Felsklippen lassen wir unsere Leinen lang aus und ziehen rhythmisch
daran. Keine Viertelstunde vergeht, da brüllt Walter: "Sigi,
ich hab' einen!" und eilt, seine unsichtbare Beute im Schlepp,
Richtung Ufer. Bald zappeln 60 silberne Zentimeter im Kies und
schlagen wild um sich: ein Lachs - was für ein Abendessen!
Später suchen wir in einer kleinen Bucht einen flutsicheren
Platz für unser Lager. Die Wahl fällt auf einen Felsvorsprung
von etwa 3x3 m, dem sich ein Fleckchen Gras anschließt.
Wir bauen zunächst nur das Innenzelt auf, denn so ganz sicher,
ob der Platz nicht doch geflutet wird, sind wir nicht. Eine neugierige
Robbe schaut uns aus sicherer Entfernung zu
Später wirft das warme Abendlicht allmählich lange Schatten,
und aus der Stille platscht hin und wieder ein Lachs aufs Wasser,
als übe er für seinen letzten Weg, den Aufstieg aus
dem Meer.
Die Flut kriecht unterdessen Zentimeter um Zentimeter an unser
Innenzelt heran. Kurz vor Mitternacht sagt ein in Blick in den
Tidenkalender, dass das Hochwasser definitiv vorüber ist;
das Gras blieb nur um wenige Zentimeter ungeflutet. Ein paar Minuten
später steht unser Kuppelzelt; für diese Nacht sind
wir hier sicher. Morgens zieht am Himmel endlich "Suppe"
auf: Wolken wabern über die Bergketten, pressen sich durch
die Passage des College Fjord. Doch kaum krieche ich aus dem Zelt,
lösen sie sich zügig auf - wieder nichts mit typischem
PWS-Wetter.